Mit dem Winter füllt sich unser Obdachlosentreff: 50 Männer und Frauen freuen sich auf eine heiße Dusche, feste Schuhe, warme Kleidung, eine Decke, eine gute Mahlzeit ...
Sieht gut aus
Ich trat kurz vor die Tür, um durchzuatmen – mitten zwischen den Rauchern, die sich dort sammeln. Überrascht sah ich eine völlig fremde Frau unseren Leuten die Haare schneiden. Eine Frisörin auf dem Weg vom Markt nach Hause hatte ihr Gemüse aus der Hand gelegt, die Schere aus ungelernten Händen genommen und mal eben schnell das Aussehen mehrerer Männer entschieden verbessert. Nein, sie wolle nicht bleiben. Nur ein kurzer Blick in den Raum, dann nahm sie die vollen Tüten und setzte ihren Weg fort, ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen.
Dies war bereits das dritte Mal, dass ich einen unerwarteten Frisör-Service vor der Tür fand – jedesmal eine andere Person. Offensichtlich legt Gott wert darauf, dass seine Obdachlosen gut aussehen.
Spontane Anbetung
John ist blind. Er verbringt seine Tage mit Singen in Anbetung – zu jeder Zeit, an jedem Ort und mit großer Ausdrucksfreiheit. Ein paar seiner Lieder haben wir in eine Form gebracht, bei der alle mitsingen können. So sangen wir zusammen eines im Obdachlosentreff und ermutigten die Gruppe: »Du kannst deine Anbetung und dein Gebet ganz persönlich ausdrücken.« Im Laufe der Veranstaltung stand plötzlich ein junger Mann auf, der den Großteil seines Lebens auf der Strasse verbracht hat. Er habe gerade die Worte für sein eigenes Lied geschrieben, sagte er schüchtern. Natürlich wollten wir es alle hören: »Lies es uns doch bitte vor!« Das Papier in den zitternden Händen holte er tief Luft und begann, die Worte frei zu singen – vor 50 Leuten. Er sang seine Liebe zu Jesus, sein Vertrauen in die Güte Gottes und seine Hoffnung auf den Himmel. Der Moment war tief berührend, ein kleiner Schimmer der Freiheit von Begrenzungen, wie sie uns in Gottes Gegenwart verheißen ist.
Ein Blinder mit Vision
John hört auch gerne seine Audiobibel und betet für die Rettung von mehr Menschen. »Ich hab eine Idee, die Gott mir gegeben hat!« teilte er uns neulich mit: »Ich werde einen Lautsprecher kaufen und die Bibellesung laut auf dem großen Platz abspielen, wo ich früher rumgesessen hab.« (Er hat jetzt eine winzige Bleibe, gesponsert von einer großzügigen Christin.) Seine Freunde waren skeptisch: Die Ordnungshüter mögen sowas hier nicht! »Die werden das Ding sofort konfiszieren«, belehrten sie ihn. Er macht es trotzdem. Bis jetzt hat er keinen Ärger gekriegt, aber Leute sprechen ihn an und danken ihm für seinen Mut. Ein blinder Mann mit Vision. Und Gottvertrauen.